Historie

Geschichte der Villa "Spichalski" in Gernrode

Die Villa ließ Dr. phil. Albert Baur (1856 – 1933) 1893 an der Straße "Vor dem Ostentor" mit der laufenden Nummer 364 a errichten. Dieser Straßenname wurde im Zuge der allgemeinen Straßenneubezeichnungen und Umnummerierungen 1908 in Bahnhofstraße mit der Nummer 23 umbenannt und erhielt 2012 endgültig den Namen Otto-Franke-Straße. 

Der Bauherr entwickelte als Chemiker künstlichen Moschus. Damit konnte das begehrte Parfum entschieden kostengünstiger hergestellt werden. Seine gute finanzielle Kondition war die Voraussetzung sich eine so luxeriöse Villa zu bauen. Er nannte sie "Villa Irma" nach seiner im gleichen Jahr geheirateten Frau Irma, geb. Münzel aus Bad Suderode. Diese vielgliedrige und fachwerkreiche Villa zeigt Reminiszenzen aus der Renaissancezeit und ist erkennbar am Erker, dem Turm, den Welschen Hauben und Sprenggiebel. 

Albert Baur war ein angesehener Gernröder Bürger voller Aktivität, auch als stellvertretender Bürgermeister und in jeder Hinsicht spendabel. Auf Grund dessen erhielt er 1929 die Ehrenbürgerwürde. Aus seiner Villa wurde später das Töchterpensionat "Königin-Luisen-Band". Die jungen Mädchen wurden auf verschiedenen wissenschaftlichen wie auch auf hauswirtschaftlichem Gebiet auf ihr künftiges Leben vorbereitet. Ab 1933 diente sie dem BDM (Bund Deutscher Mädchen). Nach Kriegsende 1945 wurde sie vorübergehend als sowjetische Kommandatur genutzt. In den 50er Jahren entstand dann unter ihrem neuen Besitzer Spichalski eine Nobelgaststätte, die dem Charakter des Hauses entsprach.

Doch nur zu bald nahm die DDR die Villa in ihren Besitz und richtete darin das Betriebsferienheim "Thomas Müntzer" ein. Während dieser Zeit wurde ein stilwidriger Speiseraum angebaut, er wirkte wie ein Fremdkörper an diesem Kulturdenkmal. 1990 kam sie wieder in den Besitz von Herrn Spichalski, der sie bis 2010 vergeblich zum Kauf anbot. Während dieser Zeit war ihre Substanz von Witterungseinflüssen bedroht.

Mit ihrem Verkauf 2010 ging sie nun in die Hände eines für die architektonische Einmaligkeit verständnisvollen Besitzers über. Die Restaurierungsarbeiten werden voller Sachverstand durchgeführt und ihre ursprüngliche Schönheit kommt immer mehr zur Geltung.

Text: Rosemarie Kellermann